Die Allgemeine Versammlung der DMG hat am 7. April 2002 in Würzburg eine Resolution zur Novellierung des Hochschulrahmengesetzes verabschiedet:
Pressemitteilung 7. April 2002
_Resolution zur Novellierung des Hochschulrahmengesetzes _
Stellungnahme zur Einführung von Juniorprofessuren und zu den neuen Befristungsregelungen für wissenschaftliche Angestellte
Die Deutsche Morgenländische Gesellschaft (DMG) hat sich in ihrer Mitgliederversammlung am 7. April 2002 in Würzburg ausführlich mit der Einführung von Juniorprofessuren und den neuen Befristungsregelungen für wissenschaftliche Angestellte durch die Novellierung des Hochschulrahmengesetzes beschäftigt.
Die Deutsche Morgenländische Gesellschaft sieht mit großer Besorgnis, daß mit diesen änderungen eine Entwicklung eingeleitet wird, die speziell die orientalistischen Fächer in ihren Arbeitsmöglichkeiten einschränkt. Sollten die Regelungen umgesetzt werden, wird es in weiten Bereichen der Orientalistik kaum noch möglich sein, hochqualifizierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und wissenschaftler längerfristig zu beschäftigen.
Die auf den ersten Blick großzügige Regelung des neuen § 57b HRG, wonach wissenschaftliche Angestellte ohne einen sachlichen Grund bis zu zwölf Jahren befristet beschäftigt werden können, wird für die Absolventen der orientalistischen Fächer dadurch erheblich eingeschränkt, daß wegen der notwendigen zusätzlichen Sprachkompetenz längere Ausbildungszeiten erforderlich sind, die bis in die Promotionsphase hineinreichen. Diese Zeiten werden bisher in der Regel durch Beschäftigungen als geprüfte wissenschaftliche Hilfskräfte überbrückt. Die Zeiten als wissenschaftliche Angestellte können danach in vollem Umfang für die wissenschaftliche Tätigkeit genutzt werden. Diese Möglichkeit würde künftig entfallen, wenn die Zeiten als geprüfte wissenschaftliche Hilfskraft auf die neuen Höchstzeiten angerechnet werden.
Die Einführung der Juniorprofessur und der damit einhergehende Wegfall der bisherigen C 1- und C 2-Stellen bedeuten für die Orientalistik eine weitere Verschlechterung. Gerade in den sogenannten kleinen Fächern, die über nur wenige Professorenstellen verfügen, ist es in der Regel notwendig, die Zeit nach der Habilitation bis zum Ruf auf eine Lebenszeitstelle durch eine weitere befristete Beschäftigung zu überbrücken. Hierfür haben sich die bisherigen Hochschuldozenturen (C 2) hervorragend bewährt. Auch nach Abschluß der Juniorprofessur werden nicht alle Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler sofort einen Ruf erhalten. Aufgrund des begrenzten Stellenangebots werden sie vermehrt ihren Berufsweg im Ausland suchen müssen.
Diese Personengruppe hat nach der starren Befristungsregelung von maximal zwölf Jahren nach gängiger Rechtspraxis künftig keine Möglichkeit mehr, auf einer Projektstelle bis zum Erhalt einer Professur weiter zu forschen. Darunter würden nicht nur die betroffenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler leiden, sondern es würde auch die Arbeit in diesen Fächern in erheblichem Umfang eingeschränkt werden. Damit ginge zugleich ein höchst dynamischer und innovativer Bereich der Forschung verloren.
Diese negativen Konsequenzen, die schon bald Auswirkungen auf die Existenz insbesondere der kleinen Fächer hätten, machen es aus der Sicht der DMG zwingend erforderlich, von der in der HRG-Novelle ausdrücklich genannten Möglichkeit, über die zwölf Jahre hinaus im Rahmen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) befristete Arbeitsverträge abzuschließen, in dem sachlich zulässigen Umfang Gebrauch zu machen.
Orientalistische Forschung, in der seit längerer Zeit neben die überwiegend historisch geprägten Sprach- und Kulturwissenschaften Disziplinen getreten sind, die den Blick auf Gegenwartsprobleme richten, braucht zukünftig in noch stärkerem Maße qualifizierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Bei Durchsetzung der im Hochschulrahmengesetz beschlossenen änderungen wäre die heute überdurchschnittliche internationale Konkurrenzfähigkeit der deutschen Orientalistik und ihr damit verbundenes internationales Ansehen schon bald gefährdet, während der langfristig spürbare Verlust an wissenschaftlicher Kompetenz nur in Jahrzehnten wieder wettgemacht werden könnte. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der asiatischen und afrikanischen Länder in der Weltpolitik wäre dies ein hochschulpolitischer Fehler ersten Ranges.
Die Deutsche Morgenländische Gesellschaft appelliert daher an alle Universitäten, im Interesse der Betroffenen in ihren Bereichen entsprechende Regelungen durchzusetzen und alle Auslegungsspielräume bei der Gestaltung der Arbeitsverträge im Sinne der Wissenschaft auszuschöpfen.
Prof. Philip Clart, Ph.D.
Universität Leipzig, Ostasiatisches Institut
Schillerstr. 6, D-04109 Leipzig
Tel.: (0341) 9737151
E-mail: clart@uni-leipzig.de
apl. Prof. Dr. Peter Stein
Friedrich-Schiller-Universität, Theologische Fakultät
Fürstengraben 6, D-07737 Jena
Tel. (03641) 94 27 14
E-mail: peter.stein@uni-jena.de